Walter Faber
Nach dem bereits zuvor in Androgon anlässlich des 100. Geburtstags von Max Frisch erwähnten Romans „Homo Faber“, der auch heute noch auf große Resonanz in der literarischen Öffentlichkeit stößt, soll dieses Werk nochmals eingehender vorgestellt werden. Der Autor bearbeitet hier ein weiterhin aktuell gebliebenes Thema der Moderne, die fortschreitende Technisierung der Welt und die damit einhergehende Gläubigkeit an die rationale Erklärbarkeit und Gestaltungsfähigkeit des menschlichen Lebens. Schon der Titel Homo Faber stellt ein Synonym für den Menschen als Gestalter und Verfertiger der Welt dar, indem der Protagonist folgendes deutlich voranstellt: „Ich bin Techniker und gewohnt, die Dinge zu sehen, wie sie sind“ ohne jede Einschränkung.
Inhalt
Kurz vor seinem 50. Geburtstag startet der schweizerische Ingenieur Walter Faber im Jahre 1957 eine Dienstreise nach Caracas, die im Nachhinein eine Reise in seine Vergangenheit werden soll. Er sitzt im Flugzeug neben dem Bruder seines ehemaligen Freundes Johannes und erfährt, dass dieser Hanna geheiratet hat, die in den 1930er Jahren ein Kind von ihm erwartete. Faber schlug seinerzeit aus beruflichen Gründen eine Heirat aus und überzeugte seine Lebensgefährtin, eine Abtreibung durchführen zu lassen.
Nach einer Notlandung in der mexikanischen Wüste fährt er mit seinem Begleiter auf die von seinem Jugendfreund Joachim verwaltete Plantage in Guatemala und findet ihn tot vor; er hatte sich erhängt. Faber steuert nun sein eigentliches Ziel der Reise Caracas an und da er hier nichts ausrichten kann, fliegt er zurück nach New York. Nach einem kurzen Intermezzo mit seiner amerikanischen Freundin Ivy bricht er zur Überfahrt nach Europa per Schiffsreise auf, die er spontan einem Flug vorzieht.
Auf dem Schiff begegnet er einer jungen Frau, der 20jährigen Elisabeth, die er Sabeth nennt. Er weiß nicht, dass es seine Tochter ist und macht ihr nach einer intimen Liebesbeziehung spontan einen Heiratsantrag. Die beiden unternehmen anschließend eine gemeinsame Reise im Auto durch Europa. Kurz vor dem Ende ihrer Reise verunglückt Sabeth am Strand eines griechischen Badeortes und stirbt einen Tag später im Krankenhaus von Athen an einer Gehirnblutung. Inzwischen hat er von ihrer Mutter, mit der er im Krankenhaus zusammentrifft, erfahren, was er eigentlich schon vermutete, dass er Sabeths Vater ist.
Er reist ab, versucht sich in die Arbeit zu stürzen. Aber trotz aller Versuche, sich zu rechtfertigen, fühlt er sich schuldig. Wieder auf Reisen, in offenbar hektischer Flucht vor seinem Gewissen, entschließt er sich zu einer neuen Lebensweise und kehrt, ein Zusammenleben mit Hanna erwägend, nach Athen zurück, nun selber todkrank, er hat Magenkrebs. Kurz vor der notwendigen Magenoperation bricht sein Tagebuch ab mit der Notiz:“ 8.05 Uhr / sie kommen“.
Zum Roman
Max Frisch lässt seinen Protagonisten zum Erzähler seiner eigenen Vita werden, indem er seinen rückblickenden Bericht mit den aktuellen Tagebuchaufzeichnungen gemeinsam darstellt. Seine Reflexionen sind dabei von äußerster Subjektivität – und noch in der Rückschau kann er sich nicht von den Mustern seines einseitig rationalen Denkens befreien bzw. zur Verantwortlichkeit seines Handels durchringen. Hieraus lassen sich auch für die heutige Zeit durchaus entsprechende Parallelen zur Denkweise von Technokraten und Managern ziehen, die sich primär mit der Praktikabilität neuer Erkenntnisse, sei es in den Naturwissenschaften, der Medizin und Gentechnologie befassen und diese um jeden Preis durchzusetzen versuchen und dabei allzu oft die ethischen Dimensionen ihres Handelns hinten an stehen lassen. So kann Max Frisch schon zu seiner Zeit in den 1950er Jahren als ein Mahner für die zukünftige Menschheitsentwicklung betrachtet werden. Der Roman gehört daher auch noch heute zur aktuellen Literatur, er wurde 1991 von Volker Schlöndorf erfolgreich verfilmt und ist Unterrichtslektüre an Gymnasien.
(wz)
Weitere Informationen:
Taschenbuch: 208 Seiten
Verlag: Suhrkamp Verlag
ISBN-10: 9783518368541
ISBN-13: 978-3518368541
ASIN: 3518368540
Film
Erscheinungstermin: 6. Februar 2009
Produktionsjahr: 2007
Spieldauer: 109 Minuten
ASIN: B001O0ZDGG
http://www.youtube.com/v/ABdU9hqqLrg
Quelle: Zeit/Kulturführer